Sensorium commune bei Kant: Ein interdisziplinärer Dialog mit Soemmerring

SUGIYAMA Takashi


Im Jahr 1795 verfasste Kant eine Rezension zu Über das Organ der Seele, ein Werk des Anatoms Samuel Thomas Soemmerring, das „den gemeinsamen Empfindungsplatz (sensorium commune)“ behandelt. Diese Rezension ist beinahe der einzige Text, in dem sich Kant mit „einem anderen“ Gemeinsinn, nämlich nicht dem „mit den Menschen“ (in der Kritik der Urteilskraft) sondern dem „mit den (fünf) Sinnen“ gemeinsamen Sinn beschäftigt. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, anhand dieser Rezension darzulegen, was Kant unter diesem „mit den Sinnen gemeinsamen“ Sinn versteht und wie sich diese zwei Arten des Gemeinsinns zueinander verhalten.
Unter „sensorium commune“ versteht Kant eine Art der „empirischen Apperzeption ohne Begriff“, die die Vereinigung bzw. Wechselwirkung der Vorstellungen der Sinne (Empfindungen) bewirkt, wobei alle Empfindungen allerdings voneinander unterscheidbar sein müssen. Der hier erwähnte Begriff „Empfindung“ scheint im System der Kantischen Philosophie zwar nur periphere Bedeutung zu haben, spielt jedoch in Wahrheit eine wichtige Rolle bei der Verknüpfung der menschlichen Erkenntnis mit der realen Außenwelt. In der Kritik der Urteilskraft wird er als „Erkenntnis überhaupt“ thematisiert, wo ein Geschmacksurteil gefällt wird. Der subjektiven Allgemeingültigkeit dieses Geschmacksurteils liegt der „mit den Menschen gemeinsame“ Sinn (sensus communis) zugrunde. Auf diese Weise verhalten sich die zwei Arten des Gemeinsinns zueinander.

Schlüsselwörter: Kant, Soemmerring, sensorium commune, Empfindung